08.06.2015: 1. Stellungnahme des Bürgervereins Duisburg-Huckingen e.V. zum Bebauungsplan Nr. 1234 – Huckingen – „Am alten Angerbach“

Offener Brief an:
den Oberbürgermeister der Stadt Duisburg,
die Fraktionsvorsitzenden im Rat der Stadt Duisburg,
die Mitglieder im Rat der Stadt Duisburg,
den Bezirksbürgermeister Duisburg-Süd,
die Mitglieder der Bezirksvertretung Süd,
die Mitglieder im Ausschuss für Wirtschaft, Stadtentwicklung und Verkehr
WAZ/NRZ, Rheinische Post

Stellungnahme des Bürgervereins Duisburg-Huckingen e.V. zum Bebauungsplan Nr. 1234 – Huckingen – „Am alten Angerbach“

Sehr geehrte Damen und Herren,

auf der Jahreshauptversammlung des Huckinger Bürgervereins, dem größten Duisburger Bürger-verein, am 27. März 2015 – anwesend waren rund 100 der insgesamt 650 Mitglieder – hat sich eine überwältigende Mehrheit der Anwesenden dafür ausgesprochen, dass sich der Bürgerverein für den Erhalt der im Betreff genannten Fläche in seiner jetzigen Form, d.h. gegen eine wie auch immer geartete Bebauung einsetzen soll.

Huckingen hat seinen Baulandbeitrag geleistet

Neben zahlreichen anderen Begründungen wurde von unseren Vereinsmitgliedern als eines der wichtigsten Argumente genannt, dass Huckingen u.a. mit der bereits realisierten Bebauung von großen Teilen des Angerbogens, des Bereiches Niederfeld/Huckinger Kamp oder der bevorstehenden Bebauung anderer Flächen seinen Beitrag hinsichtlich der Zurverfügungstellung von Bauland bereits mehr als erfüllt hat:

  • Angerbogen:
    • Bebauungsplanbereiche 700 I A, 700 I F,700 I C
    • Bebauungsplan 2025, 8,7 ha bebaut oder Stellplätze u. Nebenanlagen
  • Niederfeld/Huckinger Kamp: Bebauungsplan 875, 4,3 ha Nettofläche
  • Remberger Straße: Bebauungsplan 1067, 1,8 ha Nettofläche
  • Albert-Schweitzer-Straße: Duisburg.2027, Fl.-Nr. 772-01, 1,8 ha Nettofläche

Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass mit der jetzt geplanten Bebauung der Fläche „Am alten Angerbach“/Dickacker die letzte große zusammenhängende Freifläche Huckingens mit all den nach-folgend genannten signifikanten Einschränkungen und Nachteilen für den gesamten Duisburger Süden verloren gehen würde.

Keine Arrondierung, sondern deutliche Siedlungsausweitung

Eine Bebauung der Fläche „Am alten Angerbach“/ Dickacker stellt aus unserer Sicht keine
„Arrondierung“ bestehender Bebauung dar. Schon die Bebauung des sogenannten Angerbogens vor wenigen Jahren war keine Arrondierung, sondern klar eine Ausweitung der vorhandenen Siedlungsfläche, so wie dies auch jetzt eine Bebauung der Fläche „Am alten Angerbach“/ Dickacker wäre. Dies steht im deutlichen Widerspruch zu dem im Landesentwicklungsplan NRW (LEP NRW) und auch für Duisburg.2027 formulierten Grundprinzip, dass angesichts der generellen Bevölkerungsentwicklung eine Innenentwicklung vor einer Außenentwicklung stattfinden soll. Laut LEP NRW sollen bestehende Orte auf Ihre Kernbereiche zurückgeführt und diese gestärkt werden. Dies ist genau das Gegenteil dessen, was die Stadt Duisburg aktuell für die Fläche „Am alten Angerbach“/Dickacker plant.

Zersiedelung der letzten Grünflächen bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Siedlungskerne 

Tatsächlich sehen wir in den letzten Jahren eine nahezu konstante Einwohnerzahl in Duisburg-Huckingen trotz großflächiger Bebauung und Zuzug im sogenannten Angerbogen und im Niederfeld/Huckinger Kamp. D.h. im Umkehrschluss, dass in den alten Huckinger Kernbereichen die Einwohnerzahl sinkt und sich hier strukturelle Probleme entwickeln, die bisher unbeachtet bleiben. So wurden und werden die wenigen noch verbliebenden Grünflächen im Duisburger Süden zersiedelt, während die Ortskerne strukturelle Probleme entwickeln und Leerstand zeigen. Damit werden die falschen Prioritäten gesetzt.

Duisburger Baulandstrategie im krassen Widerspruch zu Düsseldorfer Bedarfsplanungen

Besonders beachtenswert ist in diesem Zusammenhang, dass ganz im Gegensatz zur Duisburger Baulandstrategie im Düsseldorfer Norden keine weiteren großen Flächen als Bauland ausgewiesen werden sollen. Im gesamten Düsseldorfer Norden (Stadtbezirk 05) sind aktuell in 2 Baugebieten insgesamt „nur“ 2,49 ha (Nettofläche), d.h. ca. 35 Grundstücke für Eigenheimbebauung vorgesehen. Die Strategie der Einwohnerzahlen-mäßig schrumpfenden Stadt Duisburg steht also mit Ihrer Strategie, allein im Bereich „Alter Angerbach“ / Dickacker 9,5 ha (Nettofläche) zu Bauland zu machen und viele weitere Flächen im Duisburger Süden auszuweisen, im krassen Gegensatz zur Strategie der prosperierenden Landeshauptstadt Düsseldorf. Diese wird zwar weiter auf über 600.000 Einwohner wachsen (siehe Demografiebericht Düsseldorf 2011, S. 41), trotzdem aber den Düsseldorfer Norden nicht weiter zersiedeln. Denn die Stadt Düsseldorf rechnet im Norden von 2010 bis 2025 mit einer negativen Bevölkerungsentwicklung von bis unter -4%, während die Gesamtstadt mit +3% wachsen soll (Demografiebericht Düsseldorf 2011, S. 50). Das 2009 beschlossene, noch immer gültige Düsseldorfer Stadtentwicklungskonzept 2020+ stellt auf S. 60 fest, dass es hinsichtlich Bauland im nördlichsten Stadtbezirk 05 eine erhebliche Überdeckung von 90% im Eigenheimsegment existiert. Entsprechend wurde seit dieser Erkenntnis nur sehr wenig zusätzliches Bauland im Düsseldorfer Norden ausgewiesen.

Städtische Erlöse auf Kosten der Landschaft im Duisburger Süden

Offenbar rechnet sich die Stadt Duisburg vor diesem Hintergrund nun aus, von der scheinbaren Verknappung des Baulands im Düsseldorfer Norden finanziell profitieren zu können, d.h. die schwierige finanzielle Situation der Stadt Duisburg durch Verkauf von Bauland entspannen zu können. Doch diese Strategie ist angesichts der Düsseldorfer Bedarfsplanungen nicht nur falsch (es gibt tatsächlich weniger Bedarf als behauptet wird), sondern dazu auch noch ausschließlich kurzfristig gedacht. Sie versucht die finanzpolitischen Sünden der Vergangenheit durch neue Sünden zu lösen, nämlich durch den Verkauf und die Bebauung einer reizvollen Landschaft im Duisburger Süden. Dies nimmt nicht nur billigend in Kauf, dass Huckingen und der Duisburger Süden weiter Schritt für Schritt und unwiederbringlich den Jahrtausende-alten ländlichen Charakter verlieren, schlimmer noch:

Neue großflächige Infrastruktur führt zwangsläufig zu neuen Finanzproblemen der Zukunft

Der jetzt angedachte Ausbau der Siedlungsfläche mit dem einhergehenden Ausbau der Infrastruktur (Straßen, Beleuchtung, Wasser/Kanalisation, Strom, Gas) wird die Stadt Duisburg in 20-30 Jahren vor enorme Probleme bei der Erhaltung und Renovierung dieser zusätzlichen großflächigen Infrastruktur stellen. Schon heute ist die Stadt Duisburg nicht mehr in der Lage die heute existierende Infrastruktur alleine, d.h. ohne externe Zuschüsse, zu erhalten. Da aber die Duisburger Bevölkerung sicher weiter schrumpfen und altern wird, das sagen selbst die Prognosen der Stadt Duisburg, werden auch die Finanzmittel der Stadt weiter schrumpfen. In dieser Situation begibt sich die Stadt Duisburg durch ihre formulierte Bebauungsstrategie mit den dafür notwendigen Erschließungsinvestitionen und Infrastrukturerhaltungskosten in eine weitaus gefährlichere Abwärtsspirale, als es allein die Schrumpfung und Alterung der Bevölkerung darstellen. Insbesondere wenn sie zusätzlich dann noch die eigentlichen Siedlungskerne vernachlässigt.

Darüber hinaus besteht eine ganze Reihe weiterer Bedenken, die teilweise schon in den Diskussionen zu Duisburg.2027 identifiziert, aber aus unserer Sicht bisher nicht ausreichend beachtet wurden:

  • Zerstörung eines von der Bevölkerung intensiv genutzten Erholungsraums
  • Besiedlung eines überschwemmungsgefährdeten Gebiets
  • Zerstörung eines naturnahen Bodens
  • Zerstörung einer Luftleitbahn für Frisch- und Kaltluft und damit eines klimatischen Ausgleichsraums
  • Zerstörung erhaltenswerter Biotope mit schützenswerten Tierarten, z.B. dem Eisvogel

In Summe ist die geplante Bebauung der Fläche „Am alten Angerbach“/ Dickacker aus unserer Sicht aus den oben genannten Gründen rundweg abzulehnen. Wir fordern Sie deshalb hiermit dringend auf, die geplante Bebauung der Fläche „Am alten Angerbach“ / Dickacker unverzüglich zu stoppen und die Fläche als stadtnaher Erholungsbereich und landwirtschaftliche Nutzfläche zu erhalten.

Bitte nehmen Sie das Anliegen der Huckinger Bürger, die Sie politisch vertreten, ernst!

Hochachtungsvoll
Bürgerverein Duisburg-Huckingen e.V.

gez. Rolf Peters        gez. Harald Haarmann

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